(Symbolbild, wenn nachfolgend ohne Bildquelle unter Text) / Quelle der Infos: BreisgauLIVE vor Ort, Drogenberatung emma

Die Drogenberatung emma in Emmendingen zieht für 2024 eine Bilanz, die beeindruckt – und zugleich Sorgen bereitet. Die Einrichtung hat nicht nur hunderten Menschen in schwierigen Lebenssituationen geholfen, sondern in einzelnen Fällen massive Eskalationen verhindert, die sowohl für Betroffene als auch für die Gesellschaft gravierende Folgen gehabt hätten.

Ein Beispiel ist Claudia K., 38 Jahre alt. Ihr Lebensweg ist von Schicksalsschlägen geprägt: 2013 stirbt ihre Mutter, 2016 wird sie schwanger, 2018 verliert sie ihre Schwester bei einem Autounfall. Als Trost greift sie zunehmend zu Cannabis – bis zu drei Joints am Abend mit hohem THC-Gehalt. Als Krankenpflegerin wird ihr der Konsum irgendwann zu viel. Über die Website der emma erfährt sie von einer offenen Beratungsstunde, kommt regelmäßig, wird an eine ambulante Rehabilitation in Freiburg vermittelt. Die Beratungsstelle übernimmt das Reha-Antragsmanagement, organisiert eine Entgiftung im Zentrum für Psychiatrie Emmendingen und begleitet sie auch danach weiter – inklusive Strategien zur Rückfallprävention.

Heute lebt Claudia K. stabiler, ihre nun neunjährige Tochter nimmt am Modellprojekt MAKS für Kinder von suchtkranken Eltern teil. Nach Einschätzung der Beratungsstelle wurden damit gleich mehrere Eskalationsstufen vermieden: von schweren gesundheitlichen Schäden über mögliche Straftaten und Arbeitsplatzverlust bis hin zur Inobhutnahme des Kindes. Finanziell beziffert die emma die eingesparten Folgekosten auf rund 60.000 Euro – allein in diesem einen Fall.

„Diese Eskalationen sind nicht aus der Luft gegriffen. Wir haben solche Entwicklungen schon erlebt – diesmal konnten wir sie verhindern“, sagt Diplom-Sozialarbeiter Martin Fischer. Doch er und Einrichtungsleiter Marco Chiriatti blicken mit gemischten Gefühlen in die Zukunft. Die Finanzierung der emma ist vorerst nur bis Ende 2026 gesichert. „Wir sind ein Stück weit gefährdet, wenn Kommunen sparen müssen“, warnt Chiriatti. Er verweist darauf, dass Suchtberatungsstellen öffentliche Daseinsvorsorge darstellen, aber meist freiwillig finanziert werden – und daher schnell unter Sparzwang geraten.

Im Jahr 2024 nahmen 529 Menschen Kontakt zur emma auf, 232 von ihnen mehrfach. Insgesamt führten die Mitarbeitenden 1.510 Gespräche. Die erwünschten Wirkungen reichen von gesicherter Arbeitsfähigkeit über verbesserte Gesundheit und gesellschaftliche Teilhabe bis zur Verhinderung von Straftaten oder Wohnungslosigkeit.

Neue Herausforderungen bringt das seit April 2024 geltende Cannabis-Gesetz. Chiriatti berichtet, dass nun keine Jugendlichen mehr mit problematischem Konsum unter Druck von Polizei oder Justiz zur Beratung kommen. „Das war nicht immer positiv, aber es bot immerhin die Chance, Motivation zur Veränderung zu schaffen. Konsum in der Jugend – egal ob Cannabis oder Alkohol – kann gravierende Schäden hinterlassen“, betont er.

Zunehmend besorgniserregend sind aus Sicht der Beratungsstelle andere Trends: Lachgas, das bei hoher Verfügbarkeit zunächst harmlos wirkt, bei häufigem Konsum jedoch das Gehirn schädigen kann; E-Zigaretten und Vapes, die gerade bei Jugendlichen stark verbreitet sind; sowie hochreines Kokain mit Wirkstoffgehalten von rund 90 Prozent bei Erwachsenen. Sozialarbeiterin Hanna Schulte-Werning berichtet aus der Präventionsarbeit an Schulen: „Jeder kennt immer einen Jugendlichen, der schon Vapes konsumiert hat.“ Chiriatti ergänzt: „In den Liquids steckt fast immer eine Substanz, die abhängig macht.“

Mit solchen Entwicklungen wächst der Druck auf die Einrichtung – während die finanziellen Rahmenbedingungen fragil bleiben. „Jeder Euro in der Suchtberatung wird vervielfacht“, sagt Martin Fischer und verweist auf Studien, die in Bayern einen Faktor von 16 ermittelten. Chiriatti ergänzt: „Wenn wir diese Arbeit nicht machen, macht es wahrscheinlich niemand – und wenn die Kommune übernehmen würde, wäre es vermutlich deutlich teurer.“

Ob die emma auch nach 2026 in der bisherigen Form weitermachen kann, hängt von politischen Entscheidungen und der Anerkennung ihres gesellschaftlichen Werts ab. Für die Betroffenen, deren Leben wie im Fall von Claudia K. durch die Arbeit der Beratungsstelle wieder in stabilere Bahnen gelenkt werden konnte, steht außer Frage, wie wichtig dieser Ort ist: eine niederschwellige, anonyme Anlaufstelle – und oft der erste Schritt raus aus der Sucht. Martin Fischer fasst es passen zusammen: „Wir sind die guten!“

Bild: BreisgauLIVE vor Ort, Marcel Hiller

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